Selbstständigkeit oder Festanstellung – Freiheit oder „sicherer“ Rahmen?
Wenn du dich jetzt sofort entscheiden dürftest, was wählst du und warum?
Selbstständigkeit und „frei“ sein oder Festanstellung und „Sicherheit“?
Um deine Antwort nach dem richtigen Weg zu finden, solltest du dich und deine Werte gut kennen (siehe auch Blog Artikel: Welcher Job macht mich glücklich?). Denn eine pauschale Antwort welche Form der beruflichen Tätigkeit für dich die Richtige ist, gibt es nicht.
Und selbst wenn du dich gut kennst, kannst du letztlich erst urteilen, wenn du verschiedene Situationen und dein Verhalten dabei selbst erlebt hast. Wie kannst du sonst wissen ob dir eine vorgegebene Struktur oder deine eigenen Rahmenbedingungen gut tun?
Buchempfehlungen für dein persönliches und berufliches Wachstum
In meinem Blog Artikel möchte ich dir verschiedene Sichtweisen zeigen und nehme dich mit auf meine eigene Reise von der Festanstellung in die Selbstständigkeit.
Über 15 Jahre in einer Festanstellung bei einem der größten europäischen Telekommunikationsunternehmen in verschiedenen Positionen (mit und ohne Führungsverantwortung) und die darauf folgende bestehende Selbstständigkeit bieten einige Erfahrungsschätze, die ich gerne mit dir teile.
Natürlich spiegeln die Erfahrungen meine persönliche Sichtweise wieder und es gibt in deiner Situation bestimmt weitere Aspekte, die für dich eine Rolle spielen könnten.
Am Ende des Artikels findest du 10 Impulsfragen, die dir bei deiner Entscheidungsfindung helfen können.
Ich empfehle dir die Impulsfragen mit der Journaling Methode in schriftlicher Form zu nutzen. Lese dazu gerne meinen Artikel „Kreatives Schreiben im Coaching – 5 Schreibtipps um Ordnung in deine Gedanken zu bringen“, hier gehe ich näher darauf ein.
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Szenen einer Festanstellung…
Montag Morgen… die Angestellten-Welt jammert und flucht.
Viel zu schnell gehen die beiden freien Tage rum. Viel zu schnell nervt der Wecker und holt dich zurück in deinen Alltag.
In einem üblichen 9/5 Job wird der Freitag Mittag freudig erwartet und der Montag Morgen verteufelt. Der geplante Urlaub wird zum Highlight des Jahres. Am Ende des Urlaubs wird vorsichtig ins Email Postfach geschaut, um sich auf den ersten Tag „einzustellen“. Ab da ist der Urlaub – zumindest im Kopf – vorbei.
Das ist sicher überspitzt ausgedrückt, doch wie viele Menschen kennst du, die für ihre Urlaubstage leben?
Selbstständigkeit vs. Festanstellung – ein vorgegebener Rahmen
Doch stell dir einmal vor wie es ist, wenn es dieses „Juchu Wochenende“ und „endlich Urlaub“ nicht mehr gibt. Dieser Punkt klingt banal, doch ich gestehe ehrlich: ich vermisse dieses Gefühl, wenn Freitags die Uhren langsam auf Feierabend rücken und das Wochenende beginnt. Diese einstimmige Endlich – Wochenende-Stimmung im Büro ist toll.
Natürlich ist es möglich auch in der Selbstständigkeit Freitag Mittag alles fallen zu lassen und ins Wochenende zu gehen, doch ganz ehrlich – wer ist selbstständig geworden um wieder 9/5 zu arbeiten?
Dafür „gönne“ ich mir lieber mal einen #lazymonday und sitze dafür Samstags auch mal einige Stunden an der Arbeit. Diese Freiheit möchte ich auch nicht mehr missen.
Die Grenzen zwischen Wochentagen und Wochenenden verschwimmen zunehmend und das Gefühl „Juchu Wochenende“ verschwindet, da die Tage gleichbleibend sind. Selbst wenn am Wochenende keine Arbeit anliegt, vermute ich, dass in der Selbstständigkeit die Gedanken weniger ruhen als in der Festanstellung.
Worüber du dir in einer Festanstellung keine Gedanken machen musst
- ein vorgegebenes Aufgabenfeld
- pünktliches monatliches Gehalt
- Büro/Arbeitsmittel werden gestellt und bei Schäden ersetzt
- bei Fehlern/Schäden haftet in der Regel die Firma
- festgelegte Urlaubstage und Regelungen zur Arbeitszeit
- ein kreatives Tief bzw. ein unproduktiver Tag sind verkraftbar
Selbstständigkeit – der Umgang mit der Freiheit
Finanziell
Über 15 Jahre landete am 15. jeden Monats mein Gehalt auf dem Konto. Zuverlässig und unabhängig davon, ob ich Urlaub hatte oder auch mal ein paar unproduktive Tage. Diese Umstellung – gerade zu Beginn der Selbstständigkeit – ist gewöhnungsbedürftig. Ein jahrelanger automatischer „Geldfluss“ birgt ein Gefühl der finanziellen Sicherheit.
Auch zunächst zu investieren, ohne den Ertrag direkt zu sehen, fühlt sich abenteuerlich an – denn das Risiko deiner Investitionen liegt nun alleine bei dir selbst.
Von 9/5 in der Festanstellung auf Flexibilität in der Selbstständigkeit
Die Freiheit über die eigene Zeit zu bestimmen, hört sich im ersten Moment großartig an. Doch häufig verschwinden die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit, eine „echte“ Auszeit geht verloren. Zwar hört es sich immer toll an, wenn die Selbstständigkeit einen #lazymonday oder private Termine zu „regulären“ Arbeitszeiten ermöglicht. Allerdings wird diese Zeit eben Abends/ am Wochenende nachgeholt und die Freizeit sozusagen umverteilt. Was besser und gesünder ist, darüber lässt sich sicher diskutieren.
Persönliche Weiterentwicklung
In meinen 15 Jahren Festanstellung durfte ich an großartigen Seminaren und Förderprogrammen teilnehmen. Im Jahresgespräch mit dem jeweiligen Vorgesetzten besprach ich regelmäßig meine persönliche Weiterentwicklung und hatte tolle Möglichkeiten mich zu enfalten. Ganz ehrlich: Mir wurde erst bewusst, wie wertvoll dies war, als ich mich für den Weg in die Selbstständigkeit entschieden habe. Jetzt weiß ich was an zeitlicher und finanzieller Investition notwendig ist, da ich es mir nun selbst genehmige und bezahle.
Sich selbst führen
Selbstmanagement – nach über 5 Jahren in einer Führungsposition und weiteren 5 Jahren in einem Job mit großartigen flexiblen Rahmenbedingungen, hätte ich behauptet mich bestens selbst führen zu können.
Pustekuchen! – ein großes Lernfeld in der Selbstständigkeit
In der Festanstellung werden die Strukturen und Rahmenbedingungen vom Unternehmen vorgegeben. Es gibt eine Vision und eine Mission. Du weißt (meistens) für was du deine Aufgaben machst und welches Ziel dahinter steckt.
Du kennst den Fokus und weißt, in welche Richtung du läufst und warum
Die Selbstständigkeit verlangt von dir, dich allen Themen zu stellen. Deine eigene Ausrichtung, deine Vision und welchen Rahmen du dir und deinem Unternehmen gibst. Es ist alles offen und du kannst dir deine Rahmenbedingungen selbst schaffen. Es klingt nach einem Traum, ist jedoch in der Realität gar nicht so leicht. Den eigenen zu Fokus finden und die Aufgaben und die Arbeitstage danach auszurichten, erfordert einiges an Selbstmanagement. Zudem steckst du plötzlich in ganz neuen Rollen.
Gerade zu Beginn der Selbstständigkeit packst du (fast) alle Dinge selbst an
Ob Marketing oder Buchhaltung, Rechtliches oder Vertrieb – du verantwortest dein Unternehmen und arbeitest dich in neue Themen ein. Diese neuen Aufgaben sind nicht automatisch mit deiner Leidenschaft verbunden und trotzdem trägst du dafür die volle Verantwortung. Nur weil du gerne als Trainer Seminare durchführst, entwickelst du nicht automatisch die große Liebe für Vertrieb oder die Buchhaltung.
Ein großes Lernfeld in der Selbstständigkeit ist daher, unliebsame Aufgaben auszulagern – was Anfangs finanziell ein Balanceakt ist.
Eigene Verantwortung der Ergebnisse
Läuft in der Festanstellung etwas nicht wie geplant, ist schnell ein „Schuldiger“ gefunden. Rahmenbedingen waren ungünstig, die Aufgabe wurde nicht sauber übergeben oder die Teamarbeit hat nicht reibungslos funktioniert.
Zudem setzt du dir deine Ziele selbst und bist für die Erreichung verantwortlich. Wenn es mal nicht so läuft wie geplant, bist du für deine Motivation und das Durchhalten der Boss. Das kann bei einigen Aufgaben Disziplin erfordern.
Damit ist in der Selbstständigkeit Schluss.
Du bist verantwortlich! Lieferst du keine gute Arbeit ab, dann liegt es an dir und niemand anderem dies zu ändern. Engagierst du eine Werbeagentur und investierst viel Geld ins Marketing, trägst du die volle Verantwortung für diese Entscheidung. Läuft es nicht wie geplant, ist es deine eigene Baustelle, die du verantwortest.
Flexibilität vs. Fokus
Zu Beginn meiner Selbstständigkeit hatte ich ein klares Ziel: Ich möchte coachen, coachen und nochmals coachen. Verständlich, hatte ich doch gerade eine einjährige Coaching-Weiterbildung absolviert und kam zuvor aus dem Bereich Personalentwicklung.
Bevor ich die Online-Welt für mich entdeckte, war sie eher Mittel zum Zweck um von Kunden gefunden zu werden. Auch die Welt des Online-Coaching über Skype/Zoom war mir befremdlich und eher als Ausweichmöglichkeit für überregionale Kunden gedacht.
Plötzlich konnte ich mir meine eigenen Strukturen schaffen und meiner Kreativität freien Lauf lassen und es boten sich Möglichkeiten online und offline, an die ich vorher nie gedacht habe.
Neben dem was offline möglich ist – die Online-Welt ist so groß und bunt, es gibt einfach 1001 Wege im eigenen Unternehmertum. Ob Kooperationen mit anderen Unternehmer*innen, Online-Kurse, professionelles Schreiben, eigene Workshops – die Bandbreite ist schier unendlich.
Ich fühlte mich irgendwann wie ein Kutschpferd, dem nach und nach die Scheuklappen abgenommen werden.
Es lagen plötzlich unendlich viele tolle Ideen vor mir, die ich am liebsten alle sofort umgesetzt hätte.
Doch so traumhaft es ist, die eigene Kreativität ausleben zu können – es besteht zugleich die große Gefahr sich zu verzetteln und in zu vielen Projekten zu verlieren. Die volle Kraft nicht mehr auf das eigentliche Ziel zu lenken und fokussiert darauf hin zu arbeiten, sondern in jedes Projekt einen Bruchteil der verfügbaren Energie zu investieren und letztendlich alles nur halbgar zu machen.
Daher ist eines der größten Lernfelder in der Selbstständigkeit die Fokussierung.
Das eigene Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und klare Entscheidungen für oder gegen etwas zu treffen.
10 Impulsfragen für deine Entscheidungsfindung Selbstständigkeit oder Festanstellung
Bevor du dir Impulsfragen für deine Entscheidungsfindung stellst, solltest du eine Business Idee für deinen Weg in die Selbstständigkeit haben. Gründen ohne Idee und Plan ist wie vegan kochen mit einem halben Huhn.
Da du den Artikel bis hierhin gelesen hast, gehe ich davon aus dir schweben (konkrete oder noch unkonkrete) Ideen im Kopf herum.
Du kannst dir diese Fragen nur gedanklich beantworten, oder für einen weitaus größeren Effekt deine Antworten aufschreiben.
Methode aus dem kreativen Schreiben
Dazu kannst du dir eine der Fragen zur Hand nehmen, einen Timer auf 10 Minuten stellen und einfach ohne groß nachzudenken aufschreiben, was dir in den Sinn kommt. Am Besten setzt du den Bleistift zwischendurch nicht ab. Denke nicht daran ob es Sinn macht was du schreibst. Mit dieser Methode hast du die Möglichkeit an deine unbewussten Gedanken zu kommen und erfährst, was du wirklich denkst.
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Wie hoch ist deine Bereitschaft dich ins Unternehmertum einzuarbeiten? (Auch unliebsame und unbekannte Aufgaben z. B. Buchhaltung, Vertrieb selbst zu verantworten)
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Was bedeutet Verantwortung für dich? (übernimmst du sie gerne? Versetze dich in Situationen, in denen du die Verantwortung übernommen hast und reflektiere wie du damit umgegangen bist)
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Wie empfindest du Arbeiten in vorgegebenen Strukturen?
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Wie wichtig ist dir ein geregeltes Einkommen?
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Was bedeutet es für dich Entscheidungen zu treffen?
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Auf einer Skala von 1 (ungerne) – 10 (sehr gerne) – wie gerne triffst du Entscheidungen?
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Aus deiner Komfortzone heraus gehen – Lust oder Qual?
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Einzelkämpfer vs. Teamarbeit – wobei fühlst du dich wohl und warum?
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Wie schätzt du deine Bereitschaft ein Neues zu lernen?
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Je nach Gründungsidee: Wie stehst du zu Selbstvermarktung und Sichtbarkeit?
Fazit
Die Festanstellung bietet mit den vorgegebenen Rahmenbedingungen, der finanziellen Sicherheit und der abgeschwächten Verantwortung ein (stabiles) Gerüst. Auch innerhalb dieses Gerüsts kannst du wachsen. Die Arbeit als Mittel zum Zweck kann gut funktionieren, da für viele Menschen der sichere Rahmen immens wichtig ist. Das Gefühl der Sicherheit geht über die berufliche Selbstverwirklichung.
Bedürfnisse können sich jedoch im Laufe der persönlichen Entwicklung ändern.
So ist der sichere Rahmen und die Weiterentwicklung über eine Festanstellung in manchen Lebensabschnitten genau richtig. In einer anderen Entwicklungsstufe ist es der Weg in die Selbstständigkeit und die Lust sich selbst zu verwirklichen.
Die Selbstständigkeit ist ein großes Lernfeld um sich selbst kennen zu lernen und weiterzuentwickeln.
Zu tun was man liebt (neben der Buchhaltung) und darin zu wachsen ist wunderbar. Die Komfortzone immer wieder zu verlassen, Ängste auszuschalten und neue Dinge zu versuchen gehört zur Selbstständigkeit dazu. Auch hinfallen, Selbstzweifel aushalten und sich wieder aufrappeln ist normal.
Eine Portion Mut und Durchhaltevermögen ist ebenso gefragt.
Als Faustformel bis sich ein Business finanziell trägt, gelten ca. 3 Jahre. Das erfordert einen langen Atem und Durststrecken müssen nicht nur finanziell, sondern auch mental verkraftet werden. Das engere (familiäre) Umfeld kann den Schritt in die Selbstständigkeit nicht immer nachvollziehen und ist mitunter kritisch eingestellt.
Die Belohnung der Selbstständigkeit ist bei einem guten Selbstmanagement die Flexibilität und die grenzenlosen Möglichkeiten sich in jegliche Richtungen weiter zu entwickeln. Einen Weg zu gehen, den noch keiner vorher in der gleichen Form gegangen ist und den du selbst geschaffen hast.
Zu guter Letzt…
Es gibt zu Selbstständigkeit vs. Festanstellung so viel mehr zu sagen und aus anderen Blickwinkeln zu betrachten. Letztendlich ist es wichtig, dass du dich selbst kennst und weißt was dir wichtig ist und was du willst.
Lieben Dank fürs Lesen, Teilen und Kommentieren.
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4: Selbstständigkeit oder Festanstellung – 10 Impulsfragen für deine Entscheidungsfindung
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6: Einen Scheiss muss ich – warum du dich als Scannerpersönlichkeit nicht für EINE Idee entscheiden musst
7: Das erste Jahr Selbstständigkeit – 10 Erkenntnisse & hilfreiche Tipps
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